Yoga Wissen – Nachhaltige Yogamatten Teil I
Menschen, welche sich für Yoga und Ayurveda interessieren, sind im Grunde sehr achtsam und bewusst: leben per se gesünder, ernähren sich eher vegetarisch und achten mehr auf die Umwelt sowie das große Thema Nachhaltigkeit. Und so ist es nur ein logischer Schritt, dass eine Yogamatte auch möglichst umweltfreundlich sein sollte. Und das schauen wir uns mal genauer an, sind doch im deutschen Yogamarkt gefühlt 95 % der angebotenen Yogamatten aus Kunststoff und aus Fernost.
Das Wichtigste vorweg: eine Yogamatte muss zuallererst für Yoga funktionieren und für den Übenden, seine Bedürfnisse und seine Yogaübungen passen. Also allen voran kommt für den Yogaübenden das Thema Funktionalität und Praxistauglichkeit. Und hier trennen sich sehr schnell der implizierte hohe Umweltanspruch und die praktische Wirklichkeit. Wenn es um Dämpfung, Rutschfestigkeit und Herstellungspreis geht, sind in der Tat Kunststoffmatten nicht zu schlagen. Eine hohe Lebensdauer ist auch noch gegeben, leider zum Leidwesen von Natur und Umwelt, da Kunststoffmatten – egal ob PVC, TPE oder PU – nicht einfach organisch verrotten, sondern im Idealfall nur recycelt oder eben in den meisten Fällen in Deutschland in einer Müllverbrennung der Strom- und Wärmegewinnung zugeführt werden können.
Es gibt natürlich auch Alternativen aus Naturmaterialien, wie beispielsweise Yogamatten aus Naturkautschuk, Schurwolle, Baumwolle, aber auch Kork und Jute. Nehmen wir die mittlerweile sehr beliebten Naturkautschukmatten welche gerne auch Öko- oder Umweltmatten genannt werden. Der ursprünglich aus Brasilien stammende Kautschukbaum wächst wegen seines hohen Nährstoffbedarfes in der Natur in den Tropen als Solitärbaum mit mindestens 80 - 100m Abstand zum Nachbarn. Den wenigsten Benutzern ist daher klar, dass Naturkautschuk aus Plantagenanbau nur mit intensiven Insektiziden und Pestiziden möglich ist. Nach Ende der Nutzungszeit von ca. 12 - 15 Jahren sind die Böden ausgelaugt und schwere Erosionen oftmals die Folge. Ich habe mehrere Jahre auf Java / Indonesien gelebt und dort in der Textilbranche gearbeitet und habe das mit eigenen Augen gesehen. Des Weiteren ist Naturkautschuk als Yogamatte nicht sofort nutzbar – der Rohgummi muss mit ca. 30% Kunststoffen wie Acrylaten und Weichmachern auf die richtige Konsistenz und Beschaffenheit gebracht werden sowie auf ein Glasfasergewebe für die passende Zugfestigkeit der Yogamatte auflaminiert werden. Wenn man dann noch die Arbeitsbedingungen der Plantagenarbeiter, Umweltstandards bei der Herstellung und die Transportaufwendungen bis zum Kunden in Betracht zieht, trübt das die Öko-Bilanz gewaltig. Und wenn man dann noch weiß, dass Naturkautschukmatten zwar super rutschfest, aber UV-Lichtempfindlich sind und daher nur eine begrenzte Haltbarkeit haben, ist eine relativ kurze Nutzungsdauer ebenfalls ein nicht zu unterschätzender Kritikpunkt.
An Beliebtheit steigen seit einigen Jahren Sandwich- oder Composite-Yogamatten mit einer dünnen Oberfläche aus Kork oder Jute. Auch hier ist die Produktion solcher Matten fast ausschließlich in China, Taiwan, Kambodscha und Vietnam verortet. Bei diesen Yogamatten ist die unter der Oberfläche liegende Schaumstoffmatte, welche Dämpfung, Rutsch- und Zugfestigkeit gewährleistet in der Regel aus konventionellem und erdölbasiertem Kunststoff; egal ob im Onlineshop nun Naturmatte steht oder nicht. Zwischen den Lagen ist für die Zugfestigkeit und Stabilität fast immer ein Glasfasergewebe – oft etwas maskierend auch als PES-Gewebe benannt – einlaminiert.
Die Yogamatten mit dem höchsten Naturmaterialanteil sind erfahrungsgemäß aus Schurwolle und aus Baumwolle. Vor allem Schurwollmatten sind sehr langlebig und für die ruhigeren und ganzheitlichen Yogastile empfehlenswert. Die Langflorvarianten sind dabei erstaunlich rutschfest, durch das Wollfett hat man einen recht guten Gripp an Händen und Füßen. Angenehm ist auch die Haptik und das Körpergefühl auf einer Wollmatte und wer sich beim Üben und seiner regelmäßigen Yogapraxis an Wolle gewöhnt hat, wird kaum mehr etwas anderes wollen. Auch bei diesen Yogamatten gilt die Einschränkung, dass trotz des insgesamt hohen Naturfaseranteils eine notwendige rutschfeste Unterseite fast zwangsläufig einen mehr oder weniger hohen Kunststoffanteil hat. Einzig gewebte Baumwoll-Yogateppiche können komplett aus Naturmaterial sein – aber dann muss man eben Zugeständnisse bei der Rutschfestigkeit auf Ober- und Unterseite sowie der Dämpfung machen.
Übrigens wird bei Yogamatten ja oft mit Schadstofffreiheit geworben. Das ist zwar schön und besagt, dass in der Yogamatte nur von der WHO sowie von den Prüfinstitutionen, wie Öko-Tex, GOTS, TÜV etc. freigegebene und für den menschlichen Kontakt unbedenkliche Stoffe enthalten sind. Ein Schadstoffsiegel sagt aber nur sehr wenig über den Herstellungsprozess, den Gesamtenergiebedarf, den Umwelteinfluss der Produktion und noch weniger über die Sozialstandards für die Arbeiter aus.
Kurz zu den diversen Siegeln:
Öko Tex 100 ist ein weltweit anerkannter Standard zum Nachweis, via Labortests, auf die Abwesenheit von Schadstoffen und das Einhalten von unterschiedlichen Grenzwerten für verschiedene Produktklassen von Babyprodukten (strengste Standards) über Unterwäsche, Oberbekleidung bis hin zu Heimtextilien.
GOTS ist der weltweit strengste Umwelt und Sozialstandard in der Textilbranche und gilt vor allem für Bio-Baumwollprodukte. Hier geht es um die Zertifizierung der gesamten Lieferkette vom Baumwoll-Anbau über Weberei, Wäscherei, Näherei bis hin zum Handel. Neben der Einhaltung von Schadstoffgrenzen wird auch die Einhaltung gesetzlichen Sozialstandards, wie Mindestlöhne, Arbeits- und Kinderschutz überprüft. Da aber die komplette Lieferkette zertifiziert werden muss, ist das Angebot von glaubhaft durchgängig zertifizierten Textilprodukten nicht sehr hoch – und durch die hohen Zertifizierungskosten auch entsprechend teuer.
TÜV kümmert sich in der Regel um die mechanische Sicherheit sowie die Abwesenheit von gesundheitsgefährdenden technischen Risiken. Fair Trade kümmert sich vor allem um Sozialstandards in Entwicklungsländern, wie eben Südostasien, Indien, Zentralafrika etc. Schadstoffprüfungen sind hierbei in der Regel nicht enthalten.
CSR (Corporate Social Responsibility) ist eine Selbstverpflichtung von großen Handelsunternehmen, bei ihrem Einkauf in Fernost auf die soziale Nachhaltigkeit zu achten. Dazu unterhalten seriöse große Firmen ihre eigenen Beschaffungsbüros in den Einkaufsländern – meine Frau hatte als Bekleidungsingenieurin in diversen Einkaufsbüros in Fernost gearbeitet und daher habe ich etwas Einblick in die Textilbeschaffung, das Qualitätsmanagement sowie die Laborprüfungen gewonnen. Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Siegel und Bezeichnungen, diese machen die Transparenz und Glaubwürdigkeit leider nicht unbedingt größer.
Viel Spaß und Freude beim Yoga sowie einen guten Schritt vorwärts auf dem Weg der Achtsamkeit und Nachhaltigkeit wünscht
Jürgen Laske
Geschäftsführer der Bausinger Yogamanufaktur
Kommentar schreiben
Kommentare
Keine Kommentare