06.03.2025 NEUE WEGE Yogalehrerin Tanja Sailer

"It feels like coming home"


Frauen nebeneinander in der Baum Pose am Strand
Eine Teeplantage in Indien bei Sonnenuntergang javarman3 - iStock

Heiße Reissäckchen tanzen über meinen Rücken: rhythmisch, synchron, wohlwollend.

Keinerlei Zweifel liegt in den Händen meiner zwei Therapeutinnen Anjali und Latha. Als eingespieltes Team behandeln sie mich jeden Tag von 14.00 -16.00. Von ihnen werde ich gesalbt und geölt, bedampft und gepeelt, mit warmer Milch übergossen und mit Zitronensäckchen erfrischt, in Salztücher eingewickelt, mit Pasten bedeckt, in Dampfbädern gewärmt und nach allen Regeln der Kunst massiert. Kein Haar bleibt ungeölt und in halbbewusster Hochachtung vor der ausgefeilten Heilkunst meines Gastlandes genieße ich jeden Moment. 

 

Bethsaida – it feels like coming home ...” – Nicht nur ein Slogan, sondern Programm. 

Hier kommen meine Yogagruppe und ich in den Genuss einer authentischen Ayurveda-Kur

In Absprache mit dem Ärzteteam des Bethsaida werden unsere Behandlungspläne individuell zusammengestellt und bei Bedarf täglich angepasst. Egal mit welchem Anliegen und zu welcher Tages - oder Nachtzeit wir das Ärzteteam Dr. Shayanas aufsuchen, immer werden wir liebevoll empfangen, man nimmt sich Zeit für uns und stets wird unser Kommen mit einem entwaffnenden Lächeln belohnt.

Zwei Mal am Tag treffen wir uns zum Yoga, um unseren Kurerfolg mit sanften Übungen zu unterstützen. In dieser luftigen Halle sind wir nicht nur uns selbst, sondern auch der Natur nahe. Das Wellenrauschen wird zu unserem ständigen Begleiter und webt sich in unsere meditative Praxis hinein. Vor dem Yoga-Raum entstehen zu unserer allmorgendlichen Freude kleine Kunstwerke. Steht bei unserem Kommen noch eine herrenlose Melone auf einem Tisch im Schatten, können wir nach dem Unterricht filigran heraus geschnitzte Rehe, Figuren oder Blumenornamente bewundern. Um die Grundzüge des Yoga und Ayurveda besser zu verstehen lade ich an drei Tagen zu Vorträgen und Gesprächen ein. Unser intensiver Austausch lässt ahnen, dass die Begeisterung meiner Gruppe für Yoga und Ayurveda weit über die Kur hinaus in ihren Alltag hinein wirken wird.

Doch nun sind wir hier mitten in der Kur und unseren Anwendungen. Wie immer sind es die kleinen Dinge, die einen besonderen Zauber entfalten – wie zum Beispiel unsere Kokosbar. Sie erinnert daran, dass wir im Land der Kokosnüsse sind, denn „Kera“ heißt in der einheimischen Sprache Malayalam „die Kokosnuss“. Ihr Wasser ist reich an Mineralien, Elektrolyten, Antioxidantien und ein wahrer Powerdrink. Malerisch eingewickelt und mit Turbanen geschmückt schlürfen wir nach jeder Anwendungen an unseren Kokosnüssen und lassen den Blick schweifen. Es ist, als säßen wir in einem botanischen Garten; eingebettet in üppiges tropisches Grün und blühende Sträucher, durchbrochen von geschwungenen Pfaden, Brückchen, geduldig in sich selbst ruhenden Teichen und sorgsam gepflegten Rasenflächen ( jeden Tag zupfen mehrere – zu meinem Erstaunen sehr zufrieden wirkende - Gärtner das Unkraut einzeln heraus). Überall gibt es liebevolle Details zu entdecken; sei es eine Schale mit frischen Blüten, ein Herz am Wegesrand oder eine Gravur in den Bodenplatten. Und ja, zehntausend Schritte am Tag bekommen wir ob der Weitläufigkeit der Anlage allemal zusammen. 

Unauffällig schmiegt sich das Bethsaida an die zum Meer absteigenden Felsen an und besticht mit seinem natürlichen Charme. Unsere großzügigen Zimmer sind mit Bädern, die zum Singen einladen und jeweils eigenen Terrassen ausgestattet. Von dort aus haben wir einen wundervollen Blick auf das arabische Meer und können das Treiben der Fischer am kleinen, fast privaten Sandstrand hören- und beobachten. Leider wird von hier aus auch der Wermutstropfen der Anlage – im rechten Augenwinkel - sichtbar. Ein Industriehafen, bisher noch nicht eingeweiht, spricht von der bangen Zukunft des Bethsaida. Während unseres Aufenthaltes bemerken wir mit kleinen Ausnahmen noch wenig vom Eindringen der modernen Zivilisation in unsere Oase. Die Atmosphäre ist friedlich und immer findet sich ein lauschiges Plätzchen, um unsere Behandlungen in Ruhe wirken zu lassen. 

 

Die schattenspendenden Palmen am Pool werden zum Lieblingstreffpunkt unserer Gruppe. 

Hier wird geplaudert und gelacht, gedöst und geschwommen. Ein Ort der Muße, an dem durch so manchen Mittagsschlaf ein wilder Kathakali Tänzer stampft. Hier finden wir die Zeit, unsere Kerala Rundreise Revue passieren zu lassen. Denn die ersten Spuren im Neuen Jahr 2025 waren vielfältig und bunt, ob der langen Fahrtzeiten auch etwas anstrengend aber sehr ereignisreich. Cochin beeindruckte uns mit seinem multikulturellen Flair. Hier besichtigten wir den berühmten holländischen Palast, tauchen in den Nationalepos des Mahabharata ein und staunen nicht schlecht über die spektakulären Kostüme und die aufwändige Maske des traditionellen Kathakalitanzes. 

Am nächsten Morgen spazierten wir zu den chinesischen Fischernetzen, posierten für ein Gruppenbild vor der ältesten Kirche außerhalb Europas und schlenderten durch das jüdische Viertel. Hier ist jeder Gott willkommen. Dann führt uns der Weg hinauf zu den Western Ghats, wo ein frischer Wind weht und der Duft von Zimt und Kardamon, Pfeffer und Vanille um unsere Nasen konkurriert. Gemeinsam besichtigen wir eine Gewürzplantage, gehen im Periyar Wildlife Center auf Spurensuche des indischen Tigers, erstehen das eine oder andere betrügerisch überteuerte Souvenir und kochen, während der Abend zunehmend an Licht verliert, im Haus einer indischen Familie. Eine Backwater-Tour im luxuriösen Hausboot ist der krönende Abschluss unsere Rundreise. 

Obwohl einige unserer Gruppe etwas angeschlagen sind, ist die Stimmung wunderbar. Wir genießen es im Bethsaida nach allen Regeln der Kunst verwöhnt zu werden. Nach ausgeruhten Stunden am Strand oder Pool bleibt immer noch genügend Zeit für kleine Entdeckungstouren, einen Spaziergang zum naheliegenden Siva Tempel oder Powershopping bei unseren Tuchverkäufern am Strand und dem kleinen Lädchen an der Straße. Man munkelt, dass einige von den Verkäufern nach unserer Gruppe in Rente gehen werden. Leuchtende Seidenstoffe, Kleider, so leicht wie Blütenblätter und andere Schätze werden zu den Essenszeiten herumgereicht. Hier sitzen wir gemeinsam und erfreuen uns an unserer netten Gesellschaft und einem ayurvedischen Menü, das Genuss und Gesundheit gekonnt vereint. Vata, Pitta und Kapha Abschnitte dienen ob der riesigen Auswahl am Buffet dabei als Orientierungshilfe. 

Einige von uns werden die Kur verlängern, andere reisen, an Leib und Seele genährt, zum geplanten Zeitpunkt zurück. Sukzessive nimmt unsere Gruppe ab und mit raffinierten ayurvedischen Kräutercocktails und der einen oder anderen Träne verabschieden wir uns von denjenigen, die gehen. Noch lange wirken diese Tage in mir nach – auch wenn die Zeit unsere unvergesslichen Erlebnisse in ihren Schal der Erinnerung hüllt.  

 

zum Profil und Reisen von Tanja Sailer

zum Bethsaida Hermitage

Kommentar schreiben

* Diese Felder sind erforderlich

Kommentare

Keine Kommentare