Manacor - die unbekannte Stadt der Kunstperlen
Manacor (Mallorca) kenn ich nicht – da fahren wir immer nur vorbei. Aber warum?
Majorica wurde durch den deutschen Unternehmer Eduard Friedrich Hugo Heusch im Jahr 1902 gegründet, nachdem seine Pläne eine Kunstperlenindustrie in Frankreich zu gründen verworfen und die ersten Perlen bereits in seiner Firma in Barcelona gefertigt wurden. Die von ihm entwickelte Methode zur Herstellung künstlicher Perlen setzte er nach vielen Weiterentwicklungen am neuen Produktionsstandort Manacor um. 1948 verstarb Eduard Friedrich Hugo Heusch und damit lief auch sein Patent ab. Im Jahre 1950 bekam Majorica dann Konkurrenz durch mehrere Unternehmen, die in kleinerer Auflage Kunstperlen fertigten. Aus einem dieser Betriebe entstand Orquidea, die noch heute Seite an Seite mit Majorica in Manacor produzieren und verkaufen. Im Jahre 1952 begann man von der Handfertigung auf die günstigere, industrielle Fertigung umzustellen. Nur die Knoten werden auch noch heute von Hand gemacht – hinter jeder Perle ein Knoten…
Bei den Perlen handelt es sich übrigens um künstlich hergestellte Perlen – keine Zuchtperlen, wie viele annehmen. Früher wurde bei Majorica der Kern der Perle mit unter Hochdruck gehärteten Sandkernen hergestellt. Heute sind es bei beiden Unternehmen Glaskügelchen, die den Kern bilden. Diese erhalten einen „Mantel“ aus 30 Schichten, indem Sie immer wieder in eine Masse aus perlmutthaltigen oder perlmuttähnlichen Materialien, wie zum Beispiel Fischschuppen und Muschelsand getaucht werden. Was sonst in diesem „Brei“ enthalten ist, wird als großes Geheimnis gehütet. Jede Schicht wird nach dem Tauchgang so stark erhitzt, dass sich die einzelnen Moleküle zu größeren zusammenschließen. Durch das Beimischen von farbigen Mineralien wird eine Schattierung oder Tönung erreicht, die einen die Imitationsperlen nach dem Abkühlen, Schleifen und Polieren kaum von echten Perlmuttperlen unterscheiden lassen. Außerdem sind die Mallorquinischen Kunstperlen ein Leben lang haltbar. Sie sind äußerst resistent gegen hohe Temperaturen und Kälte. Selbst durch den Kontakt mit Schweiß oder Kosmetika verändern sie niemals ihre Farbe.
In der Halle von Majorica gibt es im Obergeschoss ein kleines Museum und eine Dame führt hinter einer Glasscheibe vor, wie die kleinen Glaskörper von einer großen Glasstange abgedreht werden. Dazu kann man ein Band in mehreren Sprachen ablaufen lassen, dass einige Erklärungen dazu liefert. Im Untergeschoss gibt es dann den Ausstellungs- und Verkaufsraum. Alles ist wirklich sehr chic gestaltet. Macht natürlich etwas her, wenn man sich so dem Touristen präsentiert.
Bei Orquidea wurde ich freundlich begrüßt und ein wenig rum geführt – auch in den Bereich des hochpreisigen Schmucks, mit echten Perlen aus verschiedenen Teilen dieser Erde. In Manacor gibt es nur einen kleinen „Show-Room“ hinter einer Glasscheibe, doch in Montuiri hat man die Möglichkeit, mehr von den Fabrikations-Räumen zu sehen. Orquidea wirbt mit dem Slogan: „Warum einen Show-Room besuchen, wenn man die echte Fabrik ansehen kann?“. Wer sich jetzt aber große Fabrikationshallen mit vielen Arbeiterinnen (denn die Perlenfabriken waren früher der Arbeitgeber für die mallorquinischen Frauen) vorstellt, der liegt falsch. Vieles wird heute maschinell erledigt und so sehen wir zwar viele Maschinen, jedoch nur wenige Menschen... Ebenfalls hinter einer Glasscheibe, die oberhalb mit einem Banner mit dem Vergleich HEUTE und DAMALS gestaltet ist, verfolgt man den Werdegang einer Perle. Gegenüber zeigt ein kleiner Zeitstrahl an, wie sich Orquidea im Laufe der Zeit entwickelt hat. Diese kleine Ausstellung ist nicht so imposant, wie bei Majorica, aber irgendwie fühle ich mir hier wohler. Ein gutes Produkt braucht keine Show – und die Damen und Herren hinter den vielen Schmuckvitrinen sind ausgesprochen aufmerksam ohne aufdringlich zu sein.
Ich denke, jeder muss für sich selbst entscheiden, welcher Anbieter der Mallorca-Perlen ihm mehr liegt. Ich muss ganz ehrlich sagen, auch wenn mir die Geschichte von Majorica sehr gut gefällt, so hatte ich doch den Eindruck, dass viel der Philosophie im Laufe der Jahre in Vergessenheit geraten ist... Dies ist sicher kein Geheimtipp, aber wer schon mal in der Gegend ist, sich für Perlen und Schmuck interessiert, sollte eine der Ausstellungen auf jeden Fall besuchen. Zumal der Eintritt kostenfrei ist.
Liebe Grüße
Tatjana von der Yoga Finca Son Mola Vell
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